Im November 2015 ging es bei mir noch einmal nach Nepal. Das war eine sehr wichtige Reise für mich, weil hier die Maha-Yogini in Form der Vajra-Yogini wieder in mein Leben trat. Ich blieb knapp drei Wochen und verbrachte die Zeit fast ausschließlich in und um Kathmandu.
Ich besuchte wieder die Schamanen-Älteste Aama Bombo und meine vielen Lieblingsplätze, wie Swayambhunath. Es gilt mit 2500 Jahren als eines der ältesten Bauwerke des Buddhismus. Der Legende nach soll hier an diesem Ort einst ein See mit einer blauen Lotusblume, die von einem blauen Licht umgeben war, gewesen sein. Über Jahrhunderte kamen Pilger an die Ufer des Sees und verehrten die Lotusblume als Symbol Gottes. Eines Tages stieg eine leuchtende Flamme aus dem Lotuskelch. Swayambhunath entstand oder besser gesagt erschuf sich selbst – so sagt es sein Name: der aus sich selbst erstandene Gott. Diese Manifestation des Buddha leuchtete noch viele weitere Epochen in der Mitte des Sees. Der Legende nach pilgerte einst der Bodhisattva Manjushri an den See und umrundete ihn dreimal. Danach schlug er mit seinem Schwert einen eigenen Abfluss in die südliche Hügelkette, sodass das Wasser abfließen konnte und die Pilger direkt an das Heiligtum gelangen konnten. Die blau leuchtende Lotusblume pflanzte Manjushri direkt auf den Hügel von Swayambhunath, wo heute der zentrale Stupa ist.
In der Regel kam ich ganz früh am Morgen, die lange Treppe zu diesem Heiligtum hinaufgestiegen. Das hatte viele Vorteile. So früh morgens war es noch sehr leer, selbst Touristen waren noch nicht unterwegs. Es war deutlich spürbar, wie tief die Einheimischen, die zu dieser Zeit hier oben weilten, in ihrem Glauben verwurzelt sind. In der Regel besuchte ich die mir lieb gewonnenen Gottheiten, und drehte danach meine Koras um den Stupa, während Unmengen von Affen herumsprangen und auf die Gaben der Pilger warteten. Diese Praxis war für mich so erfüllend, dass ich liebend gerne so früh aufstand. Die Kraft, die von diesem Ort ausgeht, ist definitiv sehr stark spürbar und Swayambhunath gilt als wunscherfüllender Ort.
Und wirklich, es war wie geführt. Als ich eine Abkürzung zurück in zurück den Stadtteil nahm, in dem ich wohnte, kam ich zu einem der vier wichtigsten Yogini-Plätze im Kathmandu-Tal und zu einem meiner neuen „Lieblings-Plätze": Einen Tempel von Vajra-Yogini, der großen Maha-Yogini. Die Einweihung in Vajra-Yogini, sodass ich die Ermächtigung habe, ihr Mantra zu verwenden, habe ich schon seit 2006 oder 2007. Eine Zeit lang hatte mich Vajra-Yogini und ihre Praxis sehr eng begleitet. Doch irgendwann war eine andere spirituelle Praxis für mich wichtiger. Doch das änderte sich mit dieser Reise schlagartig und radikal. Genau diese Vajra-Yogini besuchte mich kurze Zeit später in meinem Hotel-Zimmer. Das war einfach nur eindrucksvoll. Dann traf ich eine ältere Französin und echte Herzensschwester wieder, die ich 2014 bei Amma kennengelernt hatte. Wir beide haben eine ähnliche Leidenschaft für den Buddhismus, und sie erzählte mir von den drei weiteren Vajra-Yogini-Plätzen. An einem von ihnen, dem ältesten in Pharping, war ich zufälligerweise schon bei unserer letzten Reise gewesen, doch ich hatte den Schrein der Vajra-Yogini, der versteckt im ersten Stock liegt, nicht besucht. Dann waren da noch die Vajra-Yogini Tempel in Sankhu und der Guhyeshwari-Tempel. So besuchte ich als Nächstes den Vajra-Yogini Tempel in Sankhu. Hier erlebte ich die Vajra-Yogini als sehr fröhlich und offen mir gegenüber. Das war jedoch komplett anders, als ich nach Pharping zurückkehrte. Hier besuchte ich zuerst Mutter Kali. An diesem Platz werden ihr unzählige Tier-Opfer dargebracht. Ich wurde ein wenig kritisch beäugt, denn ich war zu diesem Zeitpunkt der einzige Tourist und verehrte hier Mutter Kali auf meine Weise. Danach, beim Vajra-Yogini-Tempel hatte ich Glück, dass ich einen Tempeldiener traf. Dieser führte mich zur eigentlichen Vajra-Yogini. Das war die kraftvollste, die ich bisher getroffen hatte, und diese Vajra-Yogini las mir gehörig die Leviten. Als ich mit dem Taxi zurück nach Kathmandu fuhr, veränderte sich plötzlich meine Wahrnehmung auf so grundlegende Weise, dass ich in einem bunten inneren Film abtauchte, den ich mit allen Sinnen wahrnahm. Vajra-Yogini zeigte mir mein spirituelles Ego, sie packte mich energetisch am Haarschopf, hob mich in die Höhe und schüttelte mich ein wenig, während mein spiritueller Hochmut aus meinen „Taschen" fiel und für mich sichtbar wurde. Das war super intensiv und heftig. Wer hier der Boss war, war zweifelsfrei klar. Irgendwie hat sie sich so wieder als hohe geistige Führung in mein Leben gedrängt. Ich kann nicht sagen, ob das wirklich meine Entscheidung war. Irgendwie schon, doch gleichzeitig hat ein Teil von mir riesigen Respekt vor ihr. Mutter Kali ist, trotz ihrer zornvollen Erscheinung, in der Regel sehr angenehm zu mir, Vajra-Yogini ist eher wie die See, in meinen Augen launisch und definitiv unberechenbar, doch immer meinem höchsten Wohl verpflichtet. Schlussendlich habe ich sogar eine Statue von Vajra-Yogini gekauft. Irgendwie hat es sich so ergeben, eigentlich wollte ich nur mal nach dem Preis der Statue fragen. Ich hatte natürlich schon viel nach den Kosten für alles Mögliche gefragt, deshalb kannte ich ungefähr die Preise. Der Besitzer des Geschäftes veränderte seinen Blick, als er mich sah, als wäre er von einer höheren Macht ergriffen und kam mir so massiv mit dem Preis entgegen, dass ich erst mal stehen blieb. Für diesen guten Preis solle ich ihn immer mal wieder in meine spirituelle Praxis einschließen und für ihn beten. So kaufte ich die Vajra-Yogini von meinem letzten baren Geld. Gesegnet habe ich sie dann in dem neu entdeckten Tempel in der Nähe von Swayambhunath.
Am Flughafen wurde dann mein Koffer geöffnet. Drei Polizisten vergnügten sich damit, meine Sachen zu durchwühlen. Ich hatte in Nepal einiges an wertvollen schamanischen Werkzeugen für meine Schüler erstanden. Einer der Polizisten nahm sich einen Phurpa aus meinem Koffer, fuchtelte damit vielsagend herum und machte dabei die Lamas und Schamanen nach. Ich empfand das als respektlos, den der Phurpa ist nicht ein Metalldolch, sondern die Emanationen von hohen Gottheiten, also ein beseeltes Wesen. Als ich den Phurpa wieder entgegennahm, führte ich ihn wie selbstverständlich mit einer Verbeugung an meine Stirn. Als die Polizisten das sahen, veränderte sie ihr Verhalten augenblicklich. Sie packten freundlich, fast ehrfurchtsvoll meine Sachen wieder ein und der ranghöchste der Polizisten erkundigte sich, wo ich hinwolle. Er eskortierte mich dann persönlich durch den ganzen Flughafen, erklärte mir dabei alles, was ich wissen musste, bis ich mein Ziel erreichte. Das passiert einem auch nur in solchen Ländern …
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